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IN KENYA - Reise-Eindrücke

Christoph Stampfer

Der Duft des vorabendlichen Käsefondues war noch nicht verflogen, als wir am Jomo Kenyatta International Airport in Nairobi landeten. Eine mörderische Taxifahrt später, inmitten eines lauten, stinkenden Molochs, stand fest: die Überfahrt war zu kurz gewesen; der Kulturschock war perfekt.

Nairobi
Der Gegensatz zu Zürich könnte kaum größer sein: Eine chaotische Beton- und Barackenwüste wälzt sich auf ausufernden Müllbergen. Jede funktionierende Infrastruktur scheint besiegt worden zu sein. Mit dem Blick auf den Boden gerichtet, ist man ständig bemüht, Löchern, Müll und Pfützen auf dem Gehsteig – oder was davon übrig geblieben ist – auszuweichen. Dabei sind Kollisionen mit entgegenströmenden Menschenmassen oft nicht zu vermeiden. Die sichtbaren Abgase brennen in den Augen, der allgegenwärtige Müll stinkt zum Himmel, und jegliche Sinneswahrnehmung wird durch einen fürchterlichen Lärm betäubt. Für einen mwzungu ("der Umherirrende", Bezeichnung für einen Weißen) empfiehlt es sich zudem, schnell und zielstrebig zu gehen, um den Anhang von Kindern und fliegenden Händlern möglichst klein zu halten.


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Nairobi, Aberderas Nationalpark, Mt. Kenya und Lamu.
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Diese Händler bieten von kleinen Snacks über Handyattrappen bis hin zu Toilettenutensilien alles an. Bevorzugter Verkaufsort sind Bus- und Matatustationen. Mit einem „Ks-ks“-Laut machen sie auf sich und ihre Ware aufmerksam. Der Kundenservice ist perfekt: „Tell me what you need, and I’ll bring it for you!“ Selbst wenn der Bus bzw. das Matatu bereits losfährt, wechseln Waren noch schnell ihren Besitzer.
Die fliegenden Händler sind nur ein Vertreter des informellen Sektors: In dem Maße, wie der Staat bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze versagt, ist der Einzelne zur Meisterung seines Alltags auf sich selbst angewiesen. „Be creative, have a business“, lautet das Motto: Autoreifen werden zu Schuhen verarbeitet, Mobiltelefone „verliehen“ oder Äquator-Zertifikate, die bestätigen, dass man in Kenya den Äquator überquert hat, feilgeboten. Jeder braucht sein kleines Business, um sich den Tag zu finanzieren. Langfristiges Denken ist dabei noch ein Fremdwort, und so werden Taxis mit drei Litern betankt, Telefonkarten nicht aufgeladen, sondern „ausgeliehen“, und repariert wird sowieso nur das allernotwendigste…
Mit der ursprünglichen Wortbedeutung (das Nomadenvolk der Maasai nannte die Gegend, in der sie bis vor gut 100 Jahren ihre Rinder tränkten, Enkare nairobi, „Ort des kühlen Wassers“) hat die zweieinhalb Millionen Metropole Nairobi längst nichts mehr gemeinsam. Entstanden ist die Stadt aus einer Notwendigkeit heraus: 1899, während dem Bau der Eisenbahnlinie, die die Küstenstadt Mombasa mit Kisumu am Lake Victoria verbinden sollte, stiessen die Briten bei der Überwindung des steil abfallenden Ostafrikanischen Grabenbruchs auf Schwierigkeiten. Nairobi wurde als Zwischenlager errichtet und zwei Jahre später Hauptstadt des Britischen Protektorats. 1910 zählte die Stadt bereits 10.000 Einwohner. Heute ist Nairobi UNO-Stadt, Pressezentrum des afrikanischen Kontinents und umsatzstärkster Finanzplatz Ostafrikas.

Lamu
Auf Lamu tickt die Uhr anders als in Nairobi. Nicht vom Strassenlärm, sondern von den Gesängen des Muezzin, der noch vor dem Morgengrauen zum ersten Gebet ruft, wird man geweckt. Menschen huschen durch die noch dunklen Gassen zur Moschee. Später am Morgen werden sich die engen Gassen mit Menschen füllen. Schwarze Schleier flattern zu den Händlern hinein, draussen schieben Männer ihre voll beladenen Karren im Laufschritt voran. Auf der Kenyatta Road, der Hauptstrasse Lamus, bekommt man alles zu kaufen, was man zum Leben auf der kleinen Insel im Indischen Ozean braucht. Unbeschwertes Bummeln ist jedoch nicht ratsam, denn immer wieder schiessen Esel hinter einer Strassenecke hervor. Auf Lamu gibt es ausser dem Land Rover des District Commissioner keine Autos, Esel sind das einzige Fortbewegungsmittel und im Stadtbild allgegenwärtig.
Nachdem die morgendliche Hektik abgeklungen ist, entspannen sich die Bewohner Lamus auf den steinernen Bänken neben den Hauseingängen, wo es angenehm kühl ist. Sie sitzen oder liegen, diskutieren, dösen oder lesen die Zeitung. Hier ist Entspannen eine Kulturform, nichts Funktionelles, kein Energietanken, um wieder arbeiten zu können.


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Masai Mara National Reserve, Lake Victoria, Hell's Gate Nationalpark und Naivasha.
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Masai Mara und Mt. Kenya
Verlässt man die lauten Städte, kann man in den zahlreichen Nationalparks und Tierreservaten Kenyas eine menschenfreie Ursprünglichkeit erleben. Nachdem frühe Abenteurer wie etwa John Hanning Speke ("Leider muss man bei Nilpferden warten, bis der Kadaver aufgrund der Gasbildung an die Wasseroberfläche schwimmt um zu erkennen, wie viele man erlegt hat.") alles in ihrer Sichtweite abgeschossen hatten, verschrieben sich spätere Generationen ökosensibilisierter Europäer dem Wildschutz. Heute ist die Großwildjägerei in Kenya verboten und in einigen Nationalparks tummeln sich weiße Touristen auf Fotosafari. Alles was sich bewegt wird vielfach abgelichtet.
In anderen, schwerer zugänglichen Nationalparks, begegnet man oft tagelang keinen anderen Menschen. Ist Trekking erlaubt, so nur in Begleitung eines bewaffneten Rangers des Kenyan Wildlife Service, einer staatlichen Organisation, die für die Verwaltung der Parks zuständig ist. Die Tauglichkeit des fünf Kilogramm schweren Gewehrs, Baujahr 1941, mussten wir zum Glück nicht testen. Die Weite von Savannen und Steppen sowie die schöne, für uns so andersartige Vegetation (die zum Glück nicht fortlaufen kann) entschädigen, wenn man sich in Geduld üben muss, bis man Elefanten, Giraffen, Geparden und Löwen zu Gesicht bekommt.

Reisen in Kenya
Reisen in Kenya ist auch im Zeitalter moderner Transportmittel noch Abenteuer pur. Ein Flug von Europa nach Nairobi dauert kürzer als die Zurücklegung der 400 Kilometer zwischen Kisumu und Nairobi. Der Grund ist die Mischung aus Strassenzustand und Fahrzeug. Viele Strassen wurden seit ihrer Asphaltierung vor einigen Jahrzehnten nicht mehr repariert, andere sind zwar erst ein paar Jahre alt, aber aufgrund der Verwendung schlechten Materials und unüberlegter Planung bereits jetzt mit unzähligen Löchern durchsetzt. Ein Breakdown pro Fahrt ist normal, manchmal sind technische Probleme der Grund, ein anderes Mal einfach der leere Benzintank…
Zeit und Geduld muss man haben, sonst sollte man gar nicht erst an eine Reise mit öffentlichen Transportmitteln in Kenya denken. Nach ein paar Wochen „on the road“ und schon längst an das kenyanische Reisen gewöhnt, können wir nur noch lachen, als wir auf unsere Frage, wann der Bus (bereits eineinhalb Stunden Verspätung) denn komme, die Antwort erhalten: „Anytime from now but still today!“

 

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